Portal
Portal
Portal

 
Beiträge:


Stand: online seit 02/04

Von Jens Engelhardt, Darmstadt*



Internetauktionen



1 Einleitung

Die Akzeptanz von Internetauktionen ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Im Bereich der Business-to-Consumer (B2C) und der Consumer-to-Consumer (C2C) Marktplätze führt der dominierende Anbieter ebay eine Entwicklung an, die geradezu als revolutionär zu bezeichnen ist. Nach einem Bericht von FAZ.NET1 hat ebay allein in Deutschland 11,4 Millionen registrierte Nutzer, die in 2003 mit Waren im Wert von 5 bis 6 Milliarden US$ auf ebay handelten.

Viele Unternehmen und nahezu alle großen deutschen Konzerne nutzen Business-to-Business- Marktplätze als Beschaffungsplattformen und effiziente Vertriebskanäle. Beispielhaft seien hier die Marktplätze der Newtron AG2 (Automobilindustrie, technische Zulieferindustrie, administrative Einkaufsbedarfe), von Covisint3 (Automobilindustrie) und von Skill Portal AG4 (IT-Services; Luftverkehr, ABC Güter) genannt.



2 Erscheinungsformen

Internetauktionen werden in verschiedenen Formen angeboten. Allen Erscheinungsformen ist gemein, dass der Endpreis im Vorhinein noch nicht fest steht. In der Regel werden Internetauktionen als Zeitauktionen mit zuvor festgelegter Laufzeit angeboten. So genannte Liveauktionen, bei denen ein Auktionator den Zuschlag live über das Internet erteilt, haben sich bisher kaum etablieren können.

Die von etlichen Marktplätzen erfolgreich angebotenen Zeitauktionen werden in den Feinheiten ihres Designs immer ausdifferenzierter, so dass nachfolgend nur die groben Unterscheidungsmerkmale aufgezeigt werden sollen.

2.1 Aufwärtsauktion als Zeitauktion

Im B2C und C2C- Bereich hat sich insbesondere die klassische Aufwärtsauktion als Zeitauktion etabliert, bei der jener Bieter den „Zuschlag“ erhält, der das höchste Angebot innerhalb der zuvor festgelegten Laufzeit abgibt. Bei einzelnen Anbietern verlängert sich die Auktionslaufzeit automatisch nach festen Regelsätzen, z.B. wenn in den letzten zwei Minuten vor Ablauf der Auktion noch ein Gebot abgegeben wird.5

2.2 Abwärtsauktion als Zeitauktion

Bei der Abwärtsauktion als Zeitauktion fällt der angegebene Preis einer Ware in regelmäßigen Zeitintervallen um zuvor festgelegte Beträge. Der Bieter mit dem ersten Gebot erhält den vom System generierten „Zuschlag“. Die Abwärtsauktion konnte sich bisher nicht erfolgreich im B2C Bereich etablieren. Derartige Angebote von z.B. www.underbay.de und www.atrada.de wurden nach den Erkenntnissen des Verfassers inzwischen wieder eingestellt.

2.3 Reverse Auction (umgekehrte Auktion)

Auf B2B-Plattformen hat sich insbesondere die Reverse Auction durchgesetzt6, bei der die Rollen von Anbieter und Bieter vertauscht sind. Ein Nachfrager (Einkäufer) nennt den Vertragsgegenstand und ggf. den Maximalpreis sowie den Zielpreis, den er zu zahlen bereit ist. Die Anbieter können sich gegenseitig unterbieten. Das niedrigste Gebot innerhalb der Auktionslaufzeit erhält den Zuschlag.7

2.4 Ausschreibungen; Powershopping (Community Shopping)

Nicht als Auktionen angesehen werden Internetausschreibungen und das so genannte Powershopping.

Ausschreibungen werden in der Regel im B2B-Bereich für hochwertige, nicht vertretbare Waren und für Dienst- und Werkleistungen vom Einkäufer (Nachfrager) initiiert, bei denen neben dem Preis weitere Entscheidungskriterien wie u.a. Qualität, Zuverlässigkeit, Liquidität, Erfahrung und Softskills eine große Rolle spielen. Anders als bei Auktionen erfolgt hier kein automatischer „Zuschlag“ nach Ablauf des festgelegten Zeitraums, sondern der Ausschreibungsinitiator bleibt in seiner Entscheidung welches Angebot er annimmt frei.8

Beim Powershopping9 sinkt der Preis der angebotenen Ware mit der Anzahl der Käufer. Die Bieter geben eine Art Sammelbestellung auf, indem sie sich während einer bestimmten Frist als Interessenten für den Kauf eines Produktes zu einem bestimmten Preis registrieren lassen. Der Interessent ist für die Dauer der Verkaufsaktion an sein Angebot gebunden. Nach Ablauf der zu Beginn mitgeteilten Frist steht der endgültige Preis fest. Es werden dann nur diejenigen Interessenten beliefert, die sich zuvor bereit erklärt hatten mindestens den Endpreis zu zahlen. In der Regel können die Bieter die in Preisstufen verlaufende Preisentwicklung je nach Anzahl der aktuellen Bieter verfolgen und zu der aktuellen Preisstufe mit ihren Geboten einsteigen.





3 Internetauktionen und Gewerberecht

Eine große rechtliche Streitfrage bei Internetauktionen ist, ob sie nach der Gewerbeordnung10 (§ 34b Abs. 1 GewO) erlaubnispflichtig sind. Die Eckpunkte der gewerberechtlichen Rahmenbedingungen für Versteigerungen sind neben der Erlaubnispflichtigkeit:

  • Die Versteigerung von Neuwaren ist grundsätzlich verboten (§ 34b Abs. 6 GewO).

  • Vor einer Versteigerung muss den Interessenten gemäß § 9 Versteigerungsordnung Gelegenheit zur Besichtigung des Versteigerungsgutes gegeben werden.

  • Eine Versteigerung an Sonn- und Feiertagen ist nach § 10 Versteigerungsordnung unzulässig.

  • Der Versteigerer muss die Versteigerung selbst leiten (§ 10 Versteigerungsordnung).



Naturgemäß können Internetauktionen diese Gebote und Verbote kaum erfüllen, ohne ihren Zweck und ihre Attraktivität einzubüßen.

Aus § 34b Abs. 7 GewO ergibt sich jedoch, dass B2B-Plattformen keine Erlaubnis für Auktionen benötigen. Er legt fest, dass Einzelhändler und Hersteller von Waren nur dann eine Erlaubnis für Versteigerungen ihrer eigenen Waren benötigen, wenn sie sich an Letztverbraucher richten. Im Umkehrschluss sind damit Versteigerungsangebote der eigenen Waren an Großhändler ausgenommen. Soweit Versteigerer fremde Waren an Unternehmen anbieten, bestimmt § 34b Abs.10 Nr. 3 GewO, dass Versteigerungen erlaubnisfrei sind, soweit als Bieter nur Personen zugelassen werden, die Waren der angebotenen Art für ihren Geschäftsbetrieb ersteigern wollen.

Die Erlaubnispflicht des § 34b GewO bezieht sich also nur auf Versteigerungen, die sich an Endverbraucher richten. Daher ist für die Erlaubnispflicht dieser Internetauktionen entscheidend, ob sie als Versteigerungen im gewerberechtlichen Sinne zu verstehen sind.
Versteigerung im Sinne der Gewerbeordnung ist eine Tätigkeit, die den Verkauf eines Gegenstandes zum höchstmöglichen Preis zum Ziel hat, wobei die Preisbildung durch Wettbewerb unter Bietern erfolgen soll. Entscheidende Merkmale sind dabei die zeitliche und örtliche Begrenztheit einer Versteigerung, die die Wettbewerbssituation verschärfen. Ziel der Gewerbeordnung ist es, den Verbraucher vor den besonderen Gefahren dieser stressigen Wettbewerbssituation in einer Versteigerung zu schützen.
Bei Zeitauktionen im Internet liegt eine solche vergleichbare, stressige Wettbewerbssituation nicht vor: Der Bieter kann sich über Tage und Stunden bis zum Ablauf der Auktion Gedanken darüber machen, ob und zu welchem Preis er bieten möchte. Die Situation ist mit der einer öffentlichen Versteigerung, in der ein Auktionator den Zuschlag erteilt, sobald keine weiteren Gebote eingehen, nicht vergleichbar. Zeitauktionen im Internet sind deshalb keine Versteigerungen im Sinne des Gewerberechts.11

Hingegen ist die Situation bei Liveauktionen im Internet mit denen von öffentlichen Offline- Versteigerungen vergleichbar, so dass sie erlaubnispflichtig sind, soweit sie sich an Endverbraucher richten.



4 Vertragsschluss bei Internetauktionen

Gleich, ob offline oder online: Voraussetzung für einen Vertragsschluss ist die Abgabe und der Zugang eines Angebotes sowie die Abgabe und der Zugang einer damit korrespondierenden Annahmeerklärung.

4.1 Besonderheiten bei Versteigerungen

Gemäß den besonderen Regeln für Versteigerungen wird das Gebot als Angebot, der Zuschlag durch den Versteigerer als Annahme angesehen (§ 156 S. 1 BGB). Abweichend von § 147 Abs. 1 BGB muss ein Gebot jedoch nicht sofort angenommen werden, sondern es bleibt so lange bestehen, bis es überboten wurde (§ 156 S. 2 BGB).

4.2 Geltung von § 156 BGB bei Internetauktionen

Neben der gewerberechtlichen Qualifizierung von Internetauktionen als Versteigerungen, ist ebenfalls die zivilrechtliche Qualifizierung von Internetauktionen und damit die Anwendbarkeit von § 156 BGB auf Internetauktionen streitig.12

Im Ergebnis kommt es jedoch auf eine Streitentscheidung nicht an:

Bei so genannten Live-Auktionen im Internet kann ohne weiteres von der Anwendbarkeit von
§ 156 BGB ausgegangen werden.13 Genau wie bei einer Offline-Versteigerung erteilt hier ein Versteigerer (Auktionator) seinen Zuschlag, sobald das aktuelle Gebot nicht mehr überboten wird. Einziger Unterschied ist, dass die Versteigerung nicht im realen, sondern im virtuellen Raum stattfindet. Dies aber auch nur dann, wenn eine Offline-Versteigerung nicht nur schlicht im Internet übertragen wird, um das Bieten auch über Fernkommunikationsmitteln zu ermöglichen.

Bei Zeitauktionen im Internet, wird der Zuschlag nicht durch einen Versteigerer erteilt. Vielmehr erhält der Höchstbietende bei Ablauf der Auktionslaufzeit automatisch den „Zuschlag“. § 156 S. 1 BGB passt also nicht.

Aus diesem Grund sind die Angebots-, Gebots- und Zuschlagskriterien und Mechanismen meist abweichend zu § 156 BGB in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Diensteanbieters geregelt.14 § 156 BGB kann als dispositives Gesetzesrecht in zulässiger Weise explzit oder implizit durch die Festlegung abweichender Regelungen abbedungen werden. Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich die wirksame Einbeziehung der AGB.

4.3 Aufwärtsauktion und Abwärtsauktion

Die AGB von B2C und/oder C2C-Plattformen sehen zumeist vor, dass der Verkäufer (Anbieter) mit Eröffnung der Auktion durch das Einstellen seiner Ware oder Leistung ein verbindliches und unwiderrufliches Angebot zum Abschluss eines (Kauf-)Vertrages abgibt.15 Das Gebot des Käufers (Nachfragers) ist die Erklärung der Annahme dieses Angebotes unter der Voraussetzung, dass es bis zum Zeitablauf der Auktion nicht überboten wird. Abweichend hierzu – jedoch im Ergebnis gleich – sieht ein Teil der Rechtsprechung und Literatur in der Eröffnung einer Auktion durch den Verkäufer lediglich die Einladung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum). Allerdings ist diese invitio ad offerendum mit der zuvor erklärten Verpflichtung zur Annahme des bei Auktionsschluss höchsten Gebotes verbunden. Dies sei daher als eine so genannte antizipierte Annahmeerklärung zu qualifizieren.16

Bei der Abwärtsauktion erklärt der Käufer mit seinem Mausclick die Annahme des Angebotes zum derzeit aktuellen Preis.

Bei B2B-Plattformen sehen die AGB teilweise vor, dass der Verkäufer in seiner Entscheidung frei bleibt, welches Angebot er annimmt.17 Grund hierfür ist, dass für den Verkäufer neben dem Preis auch die Bonität und Liquidität des Käufers mitentscheidend ist. Aus diesem Grund handelt es sich bei der Eröffnung der Auktion durch das Einstellen von Waren oder Leistungen nicht um ein verbindliches Angebot, sondern lediglich um eine invitatio ad offerendum. Erst das Gebot des Nachfragers stellt dann ein verbindliches Angebot im Sinne von § 145 BGB dar. Bei dieser Auktionsvariante verwischen sicherlich die Grenzlinien zur (Online-)Ausschreibung. Bei dieser eröffnet allerdings definitionsgemäß der Einkäufer (Nachfrager) die Ausschreibung.

4.4 Reverse Auction

Bei Reverse Auctions werden wie bei der Aufwärtsauktion gelegentlich AGB verwendet, die bestimmen, dass die Eröffnung der Auktion ein verbindliches Angebot oder aber eine antizipierte Annahmeerklärung des niedrigsten Gebotes darstellt und damit bindend ist.18

Häufiger ist jedoch – vor allem im B2B-Bereich – die Variante, dass der Nachfrager und Initiator in seiner Entscheidung frei bleibt welches Angebot er annimmt.



5 Ausblick und Schluss

Sowohl B2B Plattformen als auch B2C/C2C-Plattformen werden durch Auktionsangebote in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Sie gewährleisten die Ausweitung des Beschaffungs- und des Absatzkreises. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit seine Ware/Leistung zum richtigen Preis zu verkaufen oder einzukaufen.

Für Unternehmen sind Internetauktionen fester Bestandteil der Beschaffungs- und Vertriebsstrategie. In der Regel bieten die Marktplätze neben Auktionen auch die Möglichkeit von Ausschreibungen an.

Mehrwertdienste (value added services) der Internetplattformen ermöglichen zudem Unternehmen ein effektives Lieferantenmangement, Beschaffungsmarktanalysen, die Abwicklung der Bestellungen und das Beschaffungs-Controlling über die Plattform durchzuführen. Die Einkaufs- und Auktions-
plattform(en) werden damit immer öfter fester Bestandteil der Geschäftsprozesse der Unternehmen.

*Der Autor ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Engelhardt + Braune in Darmstadt und berät fortlaufend Anbieter von B2B Plattformen; www.eb-recht.de .

11 So auch: Der Bund-Länder-Ausschuss „Gewerberecht“, GewArch 2000, 49; BGH für den Fall der Abwärtsauktion: http://www.jurpc.de/rechtspr/20040117.htm , http://www.jurpc.de/rechtspr/20040118.htm ; Volker Boehme-Neßler, in: Cyberlaw, 173; a.A.: Bullinger in WRP 2000, 253 f.; LG Hamburg, MDR 1999, 678 ff; Mulch, in: Rechtshandbuch B2B Plattformen, 368.

12 z.B.: Pro: Volker Boehme-Neßler, in: Cyberlaw, 174 f.; Contra: Jaekel, in: Rechtshandbuch B2B-Plattformen.

13 s.a.: Hartung/Hartmann, in: MMR 2001, 279; Gaul, in: WM 2000, 1785.

15 s. z.B. bei: www.ebay.de, § 9 Ziff 2. der AGB: http://pages.ebay.de/help/community/png-user.html ; www.faipartners.com , Ziff. 3.2 der Nutzungsbedingungen: https://ssl.kundenserver.de/fairpartners.com/cgi/2d_frame.pl?option=4 ; Vom OLG Hamm als wirksam angesehen im Urteil vom 14.12.2000 : http://www.jurpc.de/rechtspr/20000255.htm und bestätigt vom BGH im Urteil vom 07.11.2001: http://www.jurpc.de/rechtspr/20010255.htm .

16 So sah z.B. das LG Münster im Urteil vom 21.01.2000 in der Eröffnung der Auktion eine invitatio ad offerendum, hielt jedoch die Erklärung der vorweggenommen Annahmeerklärung in den AGB mangels ausreichendem Bindungswillen für unwirksam: http://www.jurpc.de/rechtspr/20000060.htm (Das Urteil wurde durch die Urteile des OLG und letztinstanzlich vom BGH aufgehoben, vgl. Fn. 15.

17 s. z.B. bei: www.newtron.net , Ziff 3.4 der Nutzungsbedingungen: http://www.newtron.net/de/downloads/nutzungsbedingungen.pdf .