Stand: online seit 11/04

Open Source
Wirkung der General Public License (GPL)
LG München I, Urteil vom 19.05.2004 - Az.: 21 O 6123/04


Der Verfügungskläger macht gegenüber der Verfügungsbeklagten einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der Verbreitung einer sogenannten Open Source Software geltend.

Der Antragsteller ist Mitglied eines Open Source-Projekts und als Maintainer Hauptverantwortlicher der Programmentwicklung. Die streitgegenständliche Software besteht aus zwei Komponenten. Die eigentliche Engine, die die Netzwerkpakete im Kernel des Linux Betriebssystems bearbeitet, und das Konfigurationsprogramm, mit der der Administrator die Sicherheits-Policies setzen kann. Die Software ist damit ein integraler Baustein des Betriebssystems GNU/Linux. Auf der Internet-Plattform www...org wird die Software im Sourcecode zum Download angeboten und Teammitgliedern und Dritten zur Weiterentwicklung zugänglich gemacht.
Die Software ist - worauf auf der Intenetseite hingewiesen wird - eine Freie-Software, die unter den Bedingungen der GNU General Public License (GPL) von jedermann genutzt werden kann.

Die Verfügungsbeklagte bewirbt und vertreibt u.a. über das Internet Netzwerkprodukte wie FireWire Adapter und Kabel, Bluetooth, USB Adapter und WLAN-Router. Unter anderem wird auf den Internetseiten auch ein Router beworben und die darin enthaltene Firmenware zum Download angeboten. Auf der Website mit dem Download der Software befindet sich auch ein deutsches Handbuch. Die zum kostenlosen Download angebotene Software enthält die streitgegenständliche Software lediglich im Objectcode; wobei sich darunter auch vom Verfügungskläger vollständig alleine programmierten Softwaremodule befanden. Zunächst befand sich weder ein Hinweis darauf, dass die Firmware auch solche Software enthält, die unter die GNU General Public License gestellt wurde, noch war ein Hinweis auf den Lizenztext der GPL oder den Sourcecode der Software enthalten. Der Verfügungskläger mahnte die Verfügungsbeklagte wegen der GPL-Verletzungen ab. Nachdem die Verfügungsbeklagte die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung abgelehnt hatte, reichte der Verfügungskläger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein.

Die Kammer erließ sodann antragsgemäß folgende einstweilige Verfügung:
1. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung... verboten, die Software zu verbreiten und/oder zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, ohne entsprechend den Lizenzbedingungen der GNU General Public License, Version 2 (GPL) dabei zugleich auf die Lizenzierung unter der GPL hinzuweisen und den Lizenztext der GPL beizufügen und den Sourcecode der Software lizenzgebührenfrei zugänglich zu machen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf EUR 100.000.- festgesetzt.


Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten bestätigte das Gericht mit dem vorliegenden Urteil die einstweilige Verfügung, da sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund gegeben sind.

I. Der Verfügungsanspruch ergibt sich dabei aus § 97, 69a, 8 Abs.2; 15 UrhG1, da der Verfügungskläger zumindest Miturheber an der streitgegenständlichen Software ist und die Benutzungshandlungen, die der Verfügungsklägerin zuzurechnen sind, nicht durch ein Nutzungsrecht gerechtfertigt waren.

II. Der Verfügungsgrund war zu bejahen. Dem Verfügungskläger kann nicht zugemutet werden, bis zu einer Hauptsacheentscheidung eine GPL-widrige Verbreitung seiner Software hinzunehmen. Schwerwiegende Nachteile für die Verfügungsbeklagte sind nicht dargetan und auch nicht erkennbar.

Anmerkung:

Das Urteil bietet der Open Source Bewegung berechtigte Hoffnung dahingehend, dass die Idee der Freien- Software zukünftig nicht nur ideelle Rechtsnorm bleibt, sondern gleichsam auch durchsetzbarer Bestandteil der Realgesellschaft wird.

So stellt das Gericht zunächst in seiner Entscheidung klar, dass in den Bedingungen GPL (General Public Licene) keinesfalls ein Verzicht auf Urheberrechte und urheberrechtlichen Rechtspositionen gesehen werden kann; d.h. die Weitergabe von Software unter einer Open Source Lizenz ist nicht als ein Verzicht auf Urheberrechtsschutz zu werten. Vielmehr bedienen sich die Nutzer der Bedingungen des Urheberrechts, um ihre Vorstellungen der weiter Entwicklung und Verbreitung von Software sicherzustellen und zu verwirklichen. Die urheberrechtlichen Rechtspositionen verbleiben demnach beim Urheber bzw. den Miturhebern und werden dabei aktiv genutzt.

Darüber hinaus hält das Gericht die in der Literatur vertretene Auffassung eines automatischen Rechterückfalls für den Fall, dass der Lizenznehmer sich nicht an die Vertragspflichten hält, mit § 31 Abs.1 S.2 UrhG vereinbar. Wird danach eine der GPL unterstellte Software kommerziell genutzt, z.B. gegen Entgelt vertrieben, kann grundsätzlich jeder Miturheber im Wege der Unterlassungsklage gegen diese Nutzung vorgehen.

Sven Kolja Braune, Rechtsanwalt und Partner bei Engelhardt + Braune2 Rechtsanwälte, Darmstadt.
1 http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/urhg/index.html

2 http://www.eb-recht.de