Widerrufsrecht
des Verbrauchers bei Internetauktionen gewerblicher Anbieter (eBay) -
Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. 11. 2004, Az.: VIII ZR 375/03
Der VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs1
hat am 3. November 2004 entschieden, daß Verbrauchern, die im
Rahmen sog. Internet-Auktionen Waren von gewerblichen Anbietern
ersteigern, bei bestimmten Vertragsgestaltungen ein Widerrufsrecht
zusteht. (Vgl. Pressemitteilung 127/2004 des BGH2)
In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall,
hatte der Kläger, der gewerblich mit Gold- und
Silberschmuckstücken handelt, bei eBay3
ein "15,00 ct. Diamanten-Armband ab 1,- EUR" zur
Versteigerung eingestellt, das der Beklagte zwar zunächst
ordnungemäß ersteigerte, sich dann jedoch weigerte die
Armbanduhr abzunehmen und zu bezahlen. Die Zahlungklage des Händlers
war bereits in den Vorinstanzen erfolglos. Der BGH hat die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers
zurückgewiesen.
Dem Verbraucher steht nach § 312 d
Abs. 1
BGB4
aufgrund eines Fernabsatzvertrages grundsätzlich ein
befristetes Widerrufsrecht zu, wenn er von einem Unternehmer Waren
oder Dienstleistungen bezieht. Eine Ausnahme dieses Grundsatzes
besteht jedoch für Fernabsatzverträge, die in Form von
Versteigerungen geschlossen werden. Der BGH hatte danach primär
über die Frage zu entscheiden, ob dieses Widerrufsrecht bei
Internet-Auktionen gemäß § 312 d Abs. 4
Nr. 5
BGB4
ausgeschlossen ist. Der BGH hat diese Voraussetzung hinsichtlich der
Internet-Auktion von eBay nunmehr mit der Begründung verneint,
bei eBay-Auktionen liege aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung des
Vertragsschlusses nicht die Form der Versteigerung vor, die in § 156
BGB4
geregelt sei.
§ 156 Satz 1
BGB4
bestimmt, dass bei einer Versteigerung der Vertrag erst durch den
Zuschlag des Versteigerers zustande kommt. An einem solchen Zuschlag
fehlte es jedoch bei der vorliegenden Internet-Auktion von eBay. Hier
kam der Vertrag ausschließlich durch ein verbindliches
Verkaufsangebot des Klägers und die Annahme dieses Angebots
durch das Höchstgebot des Beklagten zustande. Ein
Vertragsschluss durch Zuschlag, wie ihn § 156 BGB eindeutig
verlangt, liegt nicht vor. (Vgl. auch Jens Engelhardt:
„Internetauktionen“5)
Zudem fordere aber auch der Zweck des im Interesse des
Verbraucherschutzes geschaffenen Widerrufsrechts eine enge Auslegung
der Ausschlussregelung, da der Verbraucher, der einen Gegenstand bei
einer Internet-Auktion von einem gewerblichen Anbieter erwerbe, den
gleichen Risiken ausgesetzt und in gleicher Weise schutzbedürftig
sei wie bei anderen Vertriebsformen des Fernabsatzes.
Anmerkung:
Die Entscheidung des BGH ist im Ergebnis keine Überraschung. Auch vor Internet-Auktionen macht der Verbraucherschutz keinen Halt; warum sollte er auch? Rechtssicherheit kann das Urteil jedoch nur in den Fällen schaffen, in denen eindeutig gewerbliche Händler eBay als Vertriebskanal für ihre Leistungen und Waren verwenden. Welche Auswirkungen diese Entscheidung aber auf die Vielzahl von Händlern haben wird, die sich im Graubereich zwischen privater und gewerblicher Tätigkeit befinden und wie diese mit Widerrufen von Verbrauchern umgehen werden, bleibt abzuwarten.
Sven Kolja Braune, Rechtsanwalt und Partner bei Engelhardt + Braune Rechtsanwälte6, Darmstadt