Stand: online seit 04/01


Entscheidung des BGH vom 17.05.2001 - I ZR 216/99

Gattungsbezeichnungen als Domain-Namen sind zugelassen



Ebenfalls mit Urteil vom 17. Mai 2001 hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe entschieden, dass die verbreitete Übung, Gattungsbegriffe als Internet-Adresse zu verwenden, zulässig ist. Die Verwendung von Gattungsbegriffen als Domain-Namen passt in keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung zur Konkretisierung des Verbots von ,,Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen`` (§ 1 UWG) entwickelt hat, und gibt auch keinen Anlass zur Bildung einer neuen Fallgruppe. Allein mit dem Argument einer Kanalisierung der Kundenströme lasse sich eine Wettbewerbswidrigkeit nicht begründen. So sei ein Abfangen von Kunden nur dann unlauter, wenn sich der Werbende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung des Kaufentschlusses aufzudrängen. Dies sei aber bei der Verwendung von Gattungsbegriffen als Internet-Adresse nicht der Fall. Denn mit der Verwendung des Gattungsbegriffs nutzt der Verwender der Internet-Adresse nur einen sich bietenden Vorteil, ohne dabei in unlauterer Weise auf bereits dem Mitbewerber zuzurechnende Kunden einzuwirken.

Auch das vom OLG-Hamburg herangezogene Freihaltebedürfnis, demzufolge Gattungsbegriffe nicht als Marke eingetragen werden dürfen, werde hierdurch nicht berührt, da die Internet-Adresse - anders als die Marke - nicht zu einem Ausschließlichkeitsrecht führt; sodass der Gattungsbegriff mit den Mitbewerbern durchaus auch weiterhin zu Werbezwecken zur Verfügung steht.

Zudem liege auch keine unsachliche Beeinflussung der Internet-Nutzer vor. Ein Verbraucher, der den Einsatz von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt dessen direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse eingebe, sei sich im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode, insbesondere über die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses, im klaren.


Grenzen findet die Zulässigkeit der Verwendung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen dort, wo sie missbräuchlich oder irreführend ist. So könne sie missbräuchlich sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungsbezeichnung unter einer Top-Level-Domain (hier ,,.de``) nutzt, sondern gleichzeitig andere Schreibweisen oder die Verwendung derselben Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains blockiert.


Der Entscheidung liegt ein Streit zwischen zwei Verbänden in denen Mitwohnzentralen organisiert sind zugrunde. Der beklagte Verband hat sich den Domain-Namen ,,Mitwohnzentrale.de`` registrieren lassen und betreibt unter dieser Adresse eine Homepage auf der die Mitglieder nach Städten geordnet mit Telefon- und Faxnummern sowie mit E-Mail-Adressen aufgeführt werden. Hiergegen wandte sich der Kläger als konkurrierender verband, der im Internet unter der Adresse ,,HomeCompany.de`` auftritt. Er vertrat die Ansicht, Gattungsbegriffe und Branchenbezeichnungen seien im Internet freizuhalten. Der Begriff ,,Mitwohnzentrale`` habe sich als übliche Branchenbezeichnung für die Kurzzeitvermietung von Wohnraum durchgesetzt und dürfe daher nicht von einem Wettbewerber monopolisiert werden. Darüber hinaus sei die Bezeichnung ,,Mitwohnzentrale.de`` irreführend, weil sie den Eindruck erwecke, man finde dort das Angebot sämtlicher Mitwohnzentralen.


Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs führte letztendlich zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht, das nunmehr noch dem Vorwurf der Irreführung aufgrund einer unzutreffenden Alleinstellungsbehauptung nachzugehen hat.


Weitere Informationen zu der Entscheidung unter: http://www.uni-karlsruhe.de/~BGH/PressemitteilungenBGH/PM2001/PM_042_2001.htm

Sven Kolja Braune